Großer Ausflug

Ich sitze mit meinen Geschwistern mal wieder in der Box in diesem
komischen Gefährt namens Auto. Neben der Box im Kofferraum sind unsere
Mami Aska und Oma Eni. Hanna ist nicht dabei.
Wir sind schon einige Mal so durch die Gegend gefahren, aber heute sagte
Tante Doris etwas von Schulausflug und vielen Kindern und meinem
zukünftigen Frauchen. Ich weiß überhaupt nicht, was sie damit meint. Wir
haben schon einige Ausflüge auf schöne Wiesen unternommen. Dort durften
meine Geschwister und ich herumflitzen und spielen. Einmal waren wir bei
so einer Frau, die heißt Tierärztin. Das war unheimlich, da wurde ich
gepiekst und habe ein bisschen geweint. Aber zum Glück war Mami dabei.
Das beruhigte mich etwas. Wenn ich nicht alleine bin, habe ich weniger
Angst. Ich kann mir erst mal die Lage in Ruhe anschauen, während mein
Bruder Carl und meine Schwester Cindy mutig alles Mögliche
ausprobieren. Wenn es einen sicheren Eindruck macht, kann ich entspannt
hinterhergehen.
Besonders gespannt bin ich ja auf dieses Frauchen. Doris erwähnt das
immer öfter in letzter Zeit. Auch meine Geschwister scheinen ein Frauchen
zu bekommen. Darum bin ich ein wenig aufgeregt. Was man wohl mit so
einem Frauchen anfangen kann?
Kinder kenne ich übrigens schon. Bei uns im Haus wohnen drei und
manchmal kommen welche zu Besuch. Das ist immer besonders spaßig,
weil wir mit ihnen spielen können und gestreichelt werden. Am Ende bin ich
sehr müde und erschöpft und freue mich auf meinen Schlaf. Ich frage mich,
was genau eine Schule ist.
Als die Kofferraumklappe geöffnet wird, sind wir alle aufgeregt. Ich weiß
schon, was jetzt kommt, denn Tante Doris wartet immer, bis wir brav
sitzen, bevor sie die Box öffnet und wir raus gehoben werden. Mami und
Eni dürfen selbst rausspringen. Ich möchte zwar auch mal allein aus der
Box hüpfen, aber das ist so hoch, dass ich mich nicht traue.
Endlich sind meine Geschwister brav und wir sitzen alle nebeneinander am
Rande der Box. Einer nach dem anderen wird auf den Boden gesetzt und
ich kann mich in Ruhe umsehen. Wir sind auf einem Parkplatz. Am Rand ist
ein Zaun und dahinter ist grünes Gras. Das ist gut, denn ich muss eigentlich
mal. Am besten geh ich da direkt hin.
Hinter dem Zaun sind viele Kinder, du liebe Zeit! So viele habe ich noch nie
auf einem Haufen gesehen. Sie scheinen sehr aufgeregt zu sein, aber sie
sitzen brav auf Baumstämmen im Kreis. Die Frau, die dabei ist, kenne ich
bereits. Sie hat uns schon oft besucht, mich gestreichelt und mit mir gespielt.
Ich finde sie nett. Sie ist nicht so hektisch wie viele der anderen Besucher.
Zu ihr bin ich immer gerne gegangen, wenn sie da war. Ein Glück, dass sie
heute auch hier ist.
Typisch, meine Geschwister rasen schon wieder Hals über Kopf durch die
Pforte, nachdem sie sich öffnet. Ich gehe lieber ganz gemütlich hinterher. So
ist es übrigens meistens. Ich schaue erst mal, ob auch nichts passiert. Und
ich beobachte genau, ob Mami und Eni mitkommen und ob sie entspannt
sind. Die Kinder glucksen und quietschen, als sie sehen, wie wir da auf die
Wiese gelaufen kommen. Die Frau ruft sie noch einmal zur Ordnung und
erinnert die Kinder daran, auf jeden Fall sitzen zu bleiben und nicht
herumzulaufen. Meine mutigeren Geschwister Chico, Carl, Cindy und
Clara stürmen direkt auf die Kinder zu und versuchen, bei dem ein oder
anderen Kind auf den Schoß zu krabbeln. Einige rutschen langsam vom
Baumstamm ins Gras, um besser streicheln zu können.
Ich verspüre ein bekanntes Gefühl und das kommt mir sehr gelegen. Ich
kann dem ganzen Trubel noch eine Weile entgehen, indem ich über die
Wiese stapfe und mir eine richtig gute Stelle suche, um ein Häufchen zu
machen. Der Ort dafür muss nämlich genau ausgesucht sein, müsst ihr
wissen. Als ich endlich eine Stelle gefunden habe und mich hinhocke,
lachen Doris und die Frau laut auf. Ich glaube es ja nicht, sie haben sogar
ein Foto von mir geschossen.
„Ihm scheint es hier gut zu gefallen, wenn er das grüne Klassenzimmer so
ungeniert einweiht.“ Ich weiß nicht genau, was Doris damit meint.
Ein Junge ruft über das Lachen und Gemurmel der anderen Kinder hinweg:
„Welcher Hund ist denn nun eigentlich unserer, Frau Brinkmann?“
Die Frau, die offensichtlich Frau Brinkmann heißt, antwortet: „Dieser da, der
gerade das Häufchen gemacht hat. Das ist Pille!“
Sie kommt und sammelt direkt mein Geschäft wieder ein. Frechheit, dabei
hatte ich die Stelle so gut gewählt. Dann hockt sie sich hin und ich laufe
schnell zu ihr, weil ich froh bin, sie wiederzusehen.
„Na, Pille, wie gefällt dir das hier? Darf ich dir die blauen Eulen vorstellen?
Bald darfst du öfter mit in die Schule kommen. Alle freuen sich schon auf
dich!“ Dabei krault sie mir den Hals und ich kuschle mich an sie heran. Ich
glaube, das ist mein Frauchen. Wenn sie dabei ist, trau ich mich bestimmt
auch ohne die Geschwister in die Schule.

Man lernt nie aus

Da sitz ich nun und warte darauf, dass ich das offizielle Schreiben zur Versetzung in die Frühpension bekomme. Ich hätte es mir nie träumen lassen, dass ich mit Mitte 40 schon nicht mehr arbeitsfähig/dienstfähig bin. Es ist nicht ganz leicht zu akzeptieren und die letzten Monate hatte ich damit durchaus zu kämpfen. Trotz aller Ängste und Befürchtungen, wie es nun weitergehen soll, hat sich allerdings die Erkenntnis, dass ich nicht mehr in meinem Beruf arbeiten kann, wie ein Befreiungsschlag angefühlt. Irgendwann kam auch in meinem Hirn nach 7 Jahren Depressionen an, was meine Ärzte schon seit einiger Zeit immer mal wieder angesprochen haben.

Sind Sie sicher, dass Sie noch in Ihren Beruf zurück können?

Aus meiner Unsicherheit, ob ich es nicht doch noch schaffen könnte, müsste oder sollte ist eine Sicherheit geworden. Die Arbeitsbedingungen sind momentan und auf absehbare Zeit unverändert gesundheitsschädigend. Nach diversen Wiedereingliederungsplänen und Absprachen bzgl. geregelten Arbeitszeiten und einem verlässlichen Schulalltag stellte ich einfach immer wieder nur fest: Man kann sich auf nichts verlassen, man betreibt Schadensbegrenzung wo es geht und legt sich eine dicke Haut oder Ignoranz für alles zu, was eben nicht geht. Man investiert viel Kraft darin, sich selbst arbeitsfähig zu halten, damit man weitestgehend funktioniert und seinen Job zumindest oberflächlich betrachtet einigermaßen erledigen kann.

Ich glaube, wenn absehbar wäre, dass sich die Situation demnächst wieder verbessert, würde ich sogar noch mal einen Versuch wagen, ganz in der Hoffnung, dass ich es irgendwann wieder vom Zahnfleisch runterschaffe. Aber ich denke eben nicht, dass sich etwas bessert, ich befürchte sogar eher noch, dass sich die Lage an den Schulen zuspitzen wird. Ich sehe nicht, dass ich mich bis zum regulären Ruhestand in einem akzeptablen Gesundheitszustand da durchwurschteln kann, geschweige denn will ich das. Glücklicherweise sehen das meine betreuenden Ärzte allesamt genauso und somit ergab auch das Gespräch mit der Amtsärztin ein entsprechendes Gutachten.

Doch da sitz ich nun mit meiner Zeit. Die letzten Monate (seit Januar 2024) wartete ich erstmal, dass nach meinem Antrag auf erneute Überprüfung der Dienstfähigkeit die entsprechenden Dinge in die Wege geleitet werden. Es brauchte ganze 6 Monate, bis ich eine Reaktion von behördlicher Seite bekam. Insgesamt also inzwischen 11 Monate der Unsicherheit, was nun genau passieren würde und was das finanziell eigentlich bedeutet. Aber trotz dieser Unsicherheit war ich mir (endlich) klar, DAS ist der Weg.

Seitdem war ich nicht mehr „krank“. Ich setze das deshalb in Anführungszeichen, weil ich damit Erkältung und Co. meine. Depressive Phasen, in denen es mir schlecht geht, sind immer noch meine regelmäßigen Begleiter, allerdings kann ich sie viel besser und vor allem schneller bewältigen. Außerdem war ich gut abgelenkt und beschäftigt durch die Umzüge meiner Eltern in meine Nähe und die damit verbundenen Haushaltsauflösungen. Das hat mir vor allem gezeigt, dass ich doch noch in einer gewissen Form belastbar bin und aktiv sein kann.

Was machst Du jetzt den ganzen Tag bloß?

Ich kann mich auf meine Gesundheit und wieder auf meine Weiterbildung konzentrieren. Denn ich habe nicht vor, jetzt die Füße hochzulegen, das wäre fatal.
Ich strukturiere und reflektiere meine Tage, bin dabei achtsam, meditiere, lege mich auf meine Shakti Matte, gehe in die Sauna, genieße die Zeit mit den Tieren und pass auf mich auf.
Außerdem mache ich ein Fernstudium zur Kinder- und Jugendbuchautorin, bin Zuchtrichter-Anwärterin bei der ERU Canis Gemeinschaft und gehe ehrenamtlich mit den Hunden in Senioreneinrichtungen zu Besuch.

Und ich schreibe endlich wieder regelmäßig, hoffentlich dann auch öfter hier im Blog.